Werkeinführung
Tetraktys für Flöteninstrumente und Schlaginstrumente
Tetraktys ist ein Begriff der Pythagoreer. Diese gingen davon aus, dass der gesamte Kosmos nach mathematisch-harmonischen Proportionen geordnet sei.
In diesem Zusammenhang ist die Tetraktys nicht nur die Gesamtheit der Zahlen 1, 2, 3 und 4, deren Summe die Zahl 10 als Grundlage des Dezimalsystems ergibt.
Sie ist vielmehr ein philosophischer wie naturwissenschaftlicher Schlüsselbegriff der griechischen Antike. Sie drückt die universelle Harmonie, die Weltharmonie aus.
Gleichzeitig soll die Tetraktys, einer Quelle des Neuplatonikers Iamblychos (um 240 - um 325) zufolge jene Harmonie gewesen sein, die sich im Orakel von Delphi und im
Geasang der Sirenen ausdrückt. Durch ihren betörenden Gesang lockten die Sirenen die Seefahrer in die Klippen ihrer Gestade, wo diese jämmerlich umkamen.
Nur wenige trotzten den Sagen nach durch List dem verlockenden Gesang, wie beispielsweise Orpheus oder Odysseus.
Bezüglich der Tonkunst widerspiegelt die Tetraktys die Schwingungsproportionen der Grundintervalle Oktave (1 : 2), Quinte (2 : 3) und Quarte (3 : 4). Diese ebenfalls auf
Pythagoras von Samos (um 570 - nach 510 v. Chr.) verweisende Auslegung der kosmischen Harmonie hat schon Franz Schubert (1797 - 1828) in seinem Lied „Irrlicht“
aus dem Zyklus „Winterreise“ verwendet, um die im Text beschriebene Irrfahrt des Lebens zu symbolisieren.
Im vorliegenden Werk wurde die Tetraktys in der formalen Binnengliederung in Anwendung gebracht, wobei die zehn Werkteile den zehn Punkten des tetraktyschen Dreiecks
(s. Abb.) entsprechen. Bezogen auf die Frequentproportionen bildet sich die Tetraktys in der melodischen Struktur der in der Abbildung dargestellten Intervallproportionen ab und
führt im letzten Teil zu einer modifizierten Fassung des altgriechischen Seikilosliedes aus dem 1. Jh. v. Chr., dessen Beginn ebenfalls eine tetraktische Harmonie darstellt.
Rhythmische Bildungen wie mit allen möglichen Varianten begründen sich gleichfalls auf die Zahlenproportionen der Tetraktys. Auch der metrische Wechsel von
Zweier-, Dreier- und Vierergliederungen sind Umsetzungen der Tetraktys.
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