Werkeinführung
Thomas Buchholz: GENESIS för Solovioline und Streichorchester
Die Komposition GENESIS für Solovioline und Streichorchester von Thomas Buchholz entstand 2004 auf
Anregung der Kiever Kammerakademie. Der Titel nimmt Bezug auf die Erschaffung der Welt nach dem 1. Buch Mose des Alten Testaments.
Die durch den Marsroboter „Spirit“ im Januar 2004 zur Erde gesendeten Bilder von der Oberfläche des roten Nachbarplaneten waren
Inspirationsquelle für das Entstehen dieser Musik. Gedanken darüber, wie es wohl am Beginn auf der Erde ausgesehen haben würde,
scheinen in eine bizarr wirkende Klanglichkeit der Streicher gebettet zu sein, gebildet aus rauschendem Tremolo auf dem Steg und „übernatürlich“
hoch liegenden Flageolettklängen. Der Solopart erscheint einer creatio ex nihilo gleich, sich über den fluktuierenden Orchesterklang zu erheben
um unmittelbar danach in diesen einzutauchen. Aus diesem Wechselspiel, das eine Reminiszenz an klassisches Konzertdenken vermuten lässt,
wird langsam jenes Motiv aus Sekunde und Septime geboren, welches den ersten Abschnitt thematisiert und danach quasi als Keimzelle
weitere Abschnitte durchzieht. Hier bildet sich ein verschwommen wirkendes Formschema ab, bei dem das einsätzige Werk, trotz seiner
rhapsodischen Mehrteiligkeit, wie in eine Form gegossen scheint. Einem archaisch wirkenden weiteren Abschnitt wird aus 5/8-Takt
und 6/8-Takt, durch rhythmische Raffinesse ein steinern wirkendes Holpern hörbar. Fast sphärisch kommt ein weiterer, ruhigerer
Abschnitt einher, gekrönt durch eine weitintervallige Kantilene der Solovioline. Nach einem kadenzartigen Abschnitt gibt es eine
eher als Reminiszenz wirkende Reprise, die am Schluss in einem geräuschhaften, offenem Klang das Werk beendet. GENESIS ist
ein klangsensibles wie rhythmisch packendes Konzertstück und Assoziationsmusik im besten Wortsinn. Will man dem Komponisten
glauben, dass er die formalen Abläufe in vielen seiner Stücke eher wie eine Züchtung anstelle eines ordnenden Planes angeht, dann
ist dieses Werke eine schillerndes Beispiel dafür, was er darunter versteht. Im Programm der Uraufführung spricht der Komponist
darüber, dass er das Werk von der Mitte her beidseitig nach außen komponiert habe. Zum Glück merkt man das nicht. In der Pressekritik
nach der Urauffürung sprach der Kritiker von einem "Meisterwerk".
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